Made in Bremen

Artikel "Made in Bremen" im Weser-Kurier

 

Seit mehr als 40 Jahren entwickelt die Bremer Gap-Group Software für die mittelständische Wohnungswirtschaft. So bietet das Familienunternehmen mobile Lösungen, die eine Wohnungsabnahme einfacher machen.

Es ist, als ob hier etwas hanseatisches Understatement mitspielt. Denn wer in Hastedt zur Gap-Group will, kann beim ersten Mal am Gebäude in der Neidenburger Straße schnell mal vorbeifahren. Dabei gibt es das Unternehmen, das sich auf Software für die mittelständische Wohnungs- und Immobilienwirtschaft spezialisiert hat, bereits seit mehr als 40 Jahren. „Viele unserer Kunden sind kommunale und genossenschaftlich organisierte Wohnungsunternehmen“, sagt Thorsten Jacobsen, der nach der Schule selbst seine Ausbildung bei der genossenschaftlichen Bremer Espabau gemacht hatte.

Sein Vater Olaf hatte die Gap-Gruppe 1978 gegründet, um mit einer ersten Software an den Start zu gehen. Jacobsen erinnert sich: „Damals fand gerade die Umstellung von Großrechnern mit Lochkarten auf ersten Dos-Systemen statt.“  Heutzutage hat jedes Smartphone ein Vielfaches an Rechenleistung von dem, was ein Computer damals hatte. So schuf sein Vater zusammen mit einigen wenigen Mitarbeitern der ersten Stunde die Grundlage.

Thorsten Jacobsen erinnert daran: „Damals war es eher so, dass man mit Kunden zusammen eine Idee hatte und die dann als Programmierungsauftrag in Angriff genommen.“ So kam es auch zu einer Verwaltungslösung für Wohnungsunternehmen. „Allerdings war das Hardware-Thema damals von ebenso großer Bedeutung, sodass man dort mit den damals großen Unternehmen der Branche zusammengearbeitet hat.“ Speziell für die Wohnungswirtschaft entwickelte die Gap-Gruppe dann ein umfassendes ERP-System mit eigener Buchhaltung. ERP steht für „Enterprise, Resource, Planning“ und dient auch als Bezeichnung für die Software, um ein Unternehmen zu organisieren.

Erste Programme noch mit Lochkarten

Während Jacobsen seit 2003 für den kaufmännischen Bereich des Vertriebs und der Beratung zuständig ist, ist das technische Pendant Markus Hanne als zweiter Geschäftsführer seit knapp 15 Jahren für die Produkt- und Softwareentwicklung zuständig. Heute ist das Unternehmen bundesweit die Nummer Zwei in dieser Nische als Softwareanbieter für die Wohnungswirtschaft, gleich nach dem großen konzerngebundenen Marktführer. 70 Mitarbeiter arbeiten derzeit bei der Gap-Group, und was es an Software macht, hat mit den Lochkarten und den Großrechnern aus den 70er-Jahren nicht mehr viel zu tun.

Während 48 Mitarbeiter am Stammsitz in Bremen tätig sind, verteilen sich die anderen auf die weiteren Standorte in Hannover und in Leverkusen. Im bayerischen Reichertshofen nahe Ingolstadt sowie in Dresden ist die Gap-Group über Partner regional vertreten. Das Unternehmen hat mehr als 550 Kunden, die insgesamt mehr als zwei Millionen Mieteinheiten verwalten. Bei einigen sind es 500, bei anderen gleich 25.000 Wohnungen.

Viele davon sind langjährige Kunden, aber in den vergangenen drei bis vier Jahren sind so einige Neukunden hinzugekommen, die sich in spürbarem Unternehmenswachstum und Personalausbau bemerkbar machen. Das mit den Neukunden gestaltet sich so, wie Jacobsen erklärt: „Wenn ein Wohnungsunternehmen sich für eine Softwarelösung entschieden hat, dann arbeitet es auch über Jahre damit und entscheidet sich nicht so schnell für das Programm eines anderen Anbieters.“ Denn das würde eine Umstellung bei laufendem Betrieb bedeuten, schließlich müssten die Kunden ja weiter betreut werden, auch wenn im Wohnungsunternehmen gerade die IT neu organisiert wird.

In den vergangenen Jahren hatte der größte Mitbewerber aber seine Software durch eine neue abgelöst. So mancher Neukunde entschied sich in der Situation dann für die Bremer. Was die Mitglieder vom Verband für kommunale und genossenschaftliche Wohnungswirtschaft angeht, hat die Gap-Group einen Marktanteil von mehr als 15 Prozent. Im Regionalverband für Bremen und Niedersachsen liegt der Marktanteil etwa bei einem Drittel.

Als Familienunternehmen im Vorteil

Jacobsen weist darauf hin, dass die Gap-Group das letzte inhabergeführte Familienunternehmen in diesem Bereich ist und meist konzerngebundenen Mitbewerbern gegenüber steht. Vor 19 Jahren und zuletzt vor fünf Jahren hatte die Bremer Firma auch einen Konkurrenten übernommen. „Wir freuen uns natürlich, dass wir weiter organisch wachsen können und heute eine sehr gute Position haben“, sagt Jacobsen. Der geschäftsführende Gesellschafter sieht das Familienunternehmen als Vorteil an: „Ich glaube schon, dass wir dadurch mit vielen mittelständischen Wohnungsgesellschaften und Genossenschaften auf Augenhöhe sind.“ Als Grundstandard haben die Kunden die ERP-Software Immotion von Gap. Es gibt aber regelmäßig Arbeitskreise mit den Kunden, die Wünsche für Leistungserweiterungen und zusätzliche Tools äußern können.

Auf diese Weise versucht Jacobsen, sich von den Mitbewerbern abzusetzen: „Denn bei Standard-Branchensoftware gibt es nicht so viele Unterschiede.“ Daher versucht sich die Gap-Group auch, mit mobilen Lösungen abzusetzen. So ist mit der Bremer Software etwa die mobile Wohnungsabnahme möglich. „Da hat der Mitarbeiter des Wohnungsunternehmens die Daten auf seinem Tablet, um mit dem Mieter die Wohnungsabnahme zu machen. Der unterschreibt dann am Ende sogar digital, danach wird das ins System zurückgespielt“, sagt Jacobsen.

Außerdem haben gerade Genossenschaften eigene Handwerker. Die können mobil auf den Bestand zugreifen, um dort Verkehrssicherungspflichten einzutragen. Das sei im Tagesgeschäft der Wohnungsunternehmen aber noch am Anfang. Vieles läuft laut Jacobsen immer noch mit Papier: „Wenn es digital läuft, sind die Daten zwar direkt erfasst und online verfügbar, es geht dadurch aber nicht unbedingt schneller.“ Außerdem werde ein auf Papier nicht optimal angelegter Prozess durch Digitalisierung nicht automatisch besser. Es brauche außerdem alles seine Zeit.

Mieter erwarten mehr Erreichbarkeit

So bietet die Gap-Group bereits seit 20 Jahren eine Lösung an, um sämtliche Dokumente und Unterlagen elektronisch zu archivieren. Etwa die Hälfte der Kunden arbeitet inzwischen damit. Gleichzeitig eröffnet die digitale Kundenbetreuung mehr Möglichkeiten, weil die Wohnungsunternehmen für ihre Mieter per E-Mail oder Internetportal leichter erreichbar sind. „Früher gab es Unternehmen, die hatten für ihre Mieter nur einmal pro Woche am Nachmittag eine Öffnungszeit“, sagt Jacobsen. Heutzutage müssen die rund um die Uhr für die Mieter erreichbar sein, weil die Mieter und Wohnungsinteressenten andere Ansprüche haben. Da will Gap die Kunden entsprechend beraten und digitale Lösungen bieten. Durch die digitale Verarbeitung spielt der Datenschutz eine immer größere Rolle. Für mehr als 50 Unternehmen hat ein Tochterunternehmen von Gap auch das Datenschutzmandat.

Trotz der guten Geschäftsentwicklung konnte die Gap-Group zuletzt nicht so wachsen, wie sie wollte. „Wir kommen mit den Mitarbeitern gar nicht hinter her“, gibt Jacobsen zu. Seit drei Jahren gehe es so, dass das Unternehmen jährlich bis zu acht Mitarbeiter neu einstellen könnte, aber eben nicht alle Stellen besetzt werden können, weil der Markt leer gefegt sei. Schwer sei es, gelernte Wohnungswirte für den Beratungsbereich zu bekommen ebenso wie Software-Entwickler. Derzeit sind sieben Stellen unbesetzt. Wer aber bei Gap arbeitet, bleibt: Knapp die Hälfte arbeitet bereits mehr als zehn Jahre für das Bremer Familienunternehmen. Zwar gibt es die Möglichkeit des Homeoffices, sagt Jacobsen, aber: „Wir versuchen schon, dass die Mitarbeiter auch an unseren Standorten arbeiten.“

Renovierung der Räume

Dass sich die Gap-Group mal für einen anderen Standort als Bremen entscheidet, war nie im Gespräch. Es gab zwar Überlegungen für einen anderen Standort innerhalb Bremens, die wurden jedoch verworfen. Die Gap-Group bleibt in der Neidenburger Straße und will nun den einen Gebäudeteil renovieren und neu ausstatten, nachdem das mit dem anderen Gebäudeteil bereits 2018 geschehen ist. Für kurze kreative Pausen gibt es mitten drin einen Patio mit Sofas, wo sich Mitarbeiter für einen kurzen Plausch treffen können.

Außerdem hat das Gebäude noch ein Untergeschoss mit einem Schulungsbereich. Der war bisher für Kunden, die für Seminare nach Bremen kommen. Allerdings ist die Nachfrage nach Online-Seminaren gestiegen, sodass dieser Bereich in Zukunft für die Mitarbeiter vorgesehen ist – für Sozialräume und moderne Arbeitsumgebungen. Wenn die Handwerker dafür dann anrücken, sollte es dank der eigenen Software mit dem Management der Renovierungsarbeiten keine Probleme geben.

» Zum Artikel